COP30 in Belém: Klimagipfel zwischen Hoffnung und Realität
Die 30. Weltklimakonferenz findet im Herzen des brasilianischen Amazonas statt, wo die Klimakrise bereits dramatische Spuren hinterlassen hat. Während 40.000 bis 50.000 Teilnehmer aus fast 200 Ländern in Belém über Klimaschutzmaßnahmen beraten, offenbart sich ein fundamentaler Widerspruch: Brasilien vergibt zeitgleich neue Lizenzen für fossile Brennstoffe.
Kreative Unterbringung für Klimadiplomaten
Belém musste angesichts des Unterkunftsmangels erfinderisch werden. Zwei Kreuzfahrtschiffe im extra ausgebauten Hafen bieten Platz für über 10.000 Teilnehmer. Umgebaute Strip-Clubs, Privatquartiere und mehrstöckige Dampfer ergänzen das Angebot, wobei Zimmerpreise mehrere hundert Dollar pro Nacht erreichen.
Klimakrise trifft die Ärmsten besonders hart
Präsident Lula kündigte eine "Konferenz der Wahrheit" an, doch die Realitäten klaffen dramatisch auseinander. Die Amazonasregion, das Armenhaus Brasiliens, leidet unter zunehmenden Waldbränden, Dürren und veränderten Regenzeiten. Diese Extremwetterereignisse treffen weltweit besonders die ärmsten Bevölkerungsschichten.
Die schweißtreibenden Temperaturen in Belém bieten einen Vorgeschmack auf eine wärmere Zukunft, in der immer mehr Regionen unter extremer Hitze leiden werden.
Ambitionierte Ziele, mangelnde Umsetzung
Zum zehnten Jubiläum des Pariser Klimaabkommens hat Brasilien die COP30 zur "Konferenz der Umsetzung" erklärt. Doch die Bilanz ist ernüchternd: Kein einziges Land tut derzeit genug, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Nur 72 von 195 Ländern haben rechtzeitig neue Klimaziele für 2035 vorgelegt.
COP-Präsident Do Lago äußerte bereits seine Frustration: "Zwei Fristen sind bereits verstrichen, ohne dass die Länder ihre Verpflichtungen erfüllt haben. Das ist ärgerlich."
Brasilien als widersprüchlicher Gastgeber
Brasilien will sich als Vorreiter nachhaltiger Entwicklung präsentieren und eine Führungsrolle auf der Weltbühne einnehmen. Karen Silverwood-Cope vom World Resource Institute Brazil sieht das Land "in einer einzigartigen Position als Brückenbauer", da es die Herausforderungen von Schwellenländern zwischen Klimaschutz und Wirtschaftswachstum verstehe.
Dennoch steht Brasilien in der Kritik: Kurz vor der Konferenz vergab das Land eine Vielzahl neuer Bohrlizenzen für fossile Brennstoffe. Diese Widersprüchlichkeit überschattet die geplante Initiative zum Schutz tropischer Wälder, die "Tropical Forest Forever Facility" mit einem Fondsvolumen von 125 Milliarden US-Dollar.
EU schwächelt bei Klimaambitionen
Auch die EU, bisher als Klimavorreiterin gehandelt, zeigt Risse. Bei Last-Minute-Verhandlungen in Brüssel einigten sich die Umweltminister auf einen abgeschwächten Kompromiss: Bis 2035 sollen die Emissionen zwischen 66,25 und 72,5 Prozent reduziert werden, bis 2040 mindestens 85 Prozent.
Besonders osteuropäische Länder wie Polen, Tschechien und Ungarn drängten auf weniger Klimaschutz. Das Ringen zeigt den enormen Druck auf die europäische Klimapolitik.
Deutschland bremst europäische Klimapolitik
Klimawissenschaftler Niklas Höhne vom New Climate Institute macht die deutsche Bundesregierung mitverantwortlich für das EU-weite Bremsen beim Klimaschutz. Deutschland verfehle nach heutigem Stand das Ziel der Klimaneutralität bis 2045, wolle die Gasinfrastruktur weiter ausbauen und weniger konsequent auf erneuerbare Energien setzen.
"Das ist nicht nur für Deutschland besorgniserregend, sondern auch für die EU", warnt Höhne. "Wenn die EU nicht vorangeht, wer dann?"
China als neuer Klimaführer?
Das Vakuum ehrgeiziger Akteure könnte China eine Vorreiterrolle ermöglichen, vermutet Jan Kowalzig von Oxfam. Allerdings bezweifelt er, dass China andere zu mehr Ehrgeiz bewegen wird: "In der Vergangenheit war China eher darauf bedacht, seine nationalen Interessen zu schützen."
Mohamed Adow von Power Shift Africa fordert konkrete Schritte: "Wir brauchen konkrete Ambitionen, konkreten Technologietransfer, nicht die üblichen Plattitüden."
Die COP30 steht vor der Herausforderung, angesichts zunehmender Handelskonflikte, des Ukraine-Kriegs und der Gaza-Krise den Multilateralismus zu stärken. Mit dem erneuten Ausstieg der USA unter Donald Trump aus dem Klimaabkommen fehlt ein wichtiger Akteur für globale Klimaschutzanstrengungen.